„Wir setzen heute eine erfolgreiche Reihe fort, und die Veranstaltung war bereits nach fünf Tagen ausverkauft“, so Dr. Pirko Kristin Zinnow, die Direktorin der staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern. Gab es doch in der Vergangenheit schon Kooperationen zwischen Schloss und Literaturhaus etwa bei der Klützer Kultournacht oder den Lesungen mit Bettina Tietjen und Stefan Kreibohm. Dr. Zinnow begrüßte Andrea Sawatzki und die Gäste sehr herzlich. Auch Bildungsministerin Simone Oldenburg war gekommen.
Im Roman „Brunnenstraße“ erzählt die Schauspielerin von ihrer Kindheit und Ihrem Vater, der an Alzheimer erkrankte. Im Alter von acht Jahren zieht sie mit ihrer Mutter, die Geliebte ihres Vaters, zu ihm. Andrea ist sehr stolz, nun endlich einen eigenen Vater zu bekommen, wie ihre Freundinnen auch. Nach zwei Jahren verschlechtert sich jedoch der Gesundheitszustand des ehemals angesehenen Journalisten Günther Sawatzki zusehends und das Kind Andrea muss sich zu Hause um ihn kümmern, da ihre Mutter als Nachtschwester arbeitet, um für den Familienunterhalt zu sorgen. Für Andrea wird das Verhältnis zu ihrem Vater zunehmend zur Belastung und sie beginnt, ihn zu hassen, obwohl sie sich so sehr einen Vater gewünscht hatte und ihn lieben wollte.
„Gab es trotz dieser schwierigen Umstände auch schöne Momente, die Sie mit Ihrem Vater erlebt haben?“, wollte Anja-Franziska Scharsich im einführenden Gespräch von der Autorin wissen. „Mein Vater war ein großer Naturliebhaber und wir haben schön im Grünen gewohnt“, erinnerte sich Andrea Sawatzki. „Da gab es schon Momente, wo wir uns nahe gekommen sind.“ Sie habe sich jedoch schuldig gefühlt, weil sie es nicht schaffte, ihre Mutter zu entlasten, sich überfordert fühlte und letztendlich begann, den Tod ihres Vaters herbeizuwünschen. Erst später, im Erwachsenenalter, als sie selbst Mutter wurde, konnte sie die Geschehnisse ihrer Kindheit verarbeiten und sich selbst verzeihen.
Anfang der 1970er Jahre gab es noch wenig bis gar keine Hilfe für Angehörige von Alzheimerkranken und Menschen mit Demenz. Sie und ihre Mutter waren auf sich gestellt, und die Krankheit war mit Scham, Rückzug und Sprachlosigkeit verbunden. Nicht nur deshalb engagiert sich die Schauspielerin heute bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, deren Schirmherrschaft sie im Februar 2023 übernommen hat. „Betroffene Menschen und deren Angehörigen brauchen Unterstützung“, betonte sie. „Es ist wichtig, dass man darüber spricht und dass die Betroffenen Hilfe finden.“
Doch auch heitere und leichte Episoden konnte das Publikum in Schloss Bothmer hören. Das Kapitel von den Puppen oder die Geschichte von der Sammelbüchse und dem erfundenen Waisenhaus. Wer mehr wissen möchte, dem sei der Roman „Brunnenstraße“ empfohlen. Erschienen bei Piper, 176 Seiten, 20 Euro.
Im Anschluss an die Lesung signierte die sympathische Vollblutschaupielerin die Bücher im Foyer. Die Schlange wollte nicht enden und fast jeder wollte mit ihr fotografiert werden, was sie auch gerne zuließ.
Fotos: Barbara Stierand, Katrin Peritz