Wie viele andere Künstler und Kunstliebhaber wurde auch Uwe Johnson vom eindrucksvollen Schaffen dieses herausragenden Künstlers des deutschen Expressionismus inspiriert. So begleiteten Barlachs Plastiken Johnson und seine Hauptfigur Gesine Cresspahl aus dem Roman „Jahrestage“ ein Leben lang. Zog doch Gesine, wie in Band 4 der „Jahrestage“ beschrieben, mit einer Sammlung von Abbildungen des „Fries der Lauschenden“ von Jerichow in Mecklenburg nach Hessen, ins Rheinland, nach Berlin und dann weiter an den Riverside Drive in New York.
Der in Rostock gebürtige Sänger Wolgang Rieck zeigte Abbildungen mehrerer Skulpturen von Ernst Barlach (1870 – 1938) und erzählte dazu ihre Entstehungeschichten und ihre Wirkung auf die Zeitgenossen. Heftige Proteste beispielsweise gab es 1930 nach der Anbringung der Plastik „Der Bettler“ an der Lübecker Katharinenkirche. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden mehr als 400 seiner Werke als „entartete“ Kunst aus öffentlichen Sammlungen entfernt. Ab 1937 durfte er nicht mehr ausstellen.
Rieck sang teils eigenkomponierte Lieder, auch auf Plattdeutsch, andere wiederum von Kurt Tucholsky, vertont von Hanns Eisler. Er las aus den zum Teil sehr humorvollen Briefen von Ernst Barlach an Zeitgenossen und Freunde. „Dass man doch lieber erst Deutschland kennenlernen sollte, bevor man nach Italien reise“, riet er einer Freundin nach seinem Aufenthalt als Stipendiat in der Villa Romana in Florenz. Oder in einem Brief an Friedrich Düsel, dem Herausgeber von Westermanns Monatsheften, berichtete er auf humorvolle Art und Weise davon, wie er von Frauen bedrängt werde. Aus den Briefen spricht eine humanistische Persönlichkeit, die von Humor, großer Ernsthaftigkeit und unbedingtem Gestaltungswillen geprägt ist.
Wolfgang Rieck verstand es auch, das Publikum aktiv mit einzubeziehen und zum Singen zu verleiten. Das Lied von der Hochseekuh von Joachim Ringelnatz erschallte im Chor, ebenso wie ein Shanty zum Abschluss.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer – einige waren auch aus Lübeck und Umgebung gekommen – konnten einen kurzweiligen, unterhaltsamen und bereichernden Vormittag erleben.
Die Matinee war eine gemeinsame Veranstaltung des Literaturhauses und des Fördervereins mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest.